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Ein Bericht von Wolfgang Gerrits
24 Paten besuchten anlässlich ihres Privaturlaubs an der westafrikanischen Küste das „Kinderdorf Bottrop“ in Gambia. Kindergartenleiter Pa Aarona überraschte sie mit einem außergewöhnlichen Konzept, das Pädagogen und Erzieher in der gesamten Region aufhorchen lässt.
Die 235 Kindergartenkinder der Bottroper Vorschul-Einrichtung lernen nicht mehr nur das monotone ABC herunterleiern oder das kleine Einmaleins aufsagen, sondern genießen in einem eigens dafür eingerichteten Gebäude über pädagogische Kniffe Zahlen und Wörter zu hinterfragen und zu verstehen.
Die Philosophie des von Pa Aarona entwickelten Konzeptes ist kein stupides Pauken, sondern die Hinführung zu kreativen Lehr- und Lernformen. So etwa erlernen die vier bis sechs Jahre alten Vorschulkinder in eigens angelegten Sprach- und Zahlenecken in spielerischer Form den Umgang mit Wörtern, Zahlen und Begriffen. Abstrakter Unterricht? Diese Zeiten sind wohl für alle Zeiten vorbei.
In einer Naturecke erfahren die Kinder, dass es in Gambia durchaus einmal Großwildtiere wie Elefanten und Tiger gegeben hat, auch wenn sie in dem westafrikanischen Küstenstaat seit Jahr- zehnten ausgerottet sind.
Und ein anderer Bereich vermittelt den kleinen Gambianern, wie ihre Vor- und Vorvorfahren gelebt, gekocht und musiziert haben. Kleine Ausstellungsstücke aus vergangenen Zeiten sorgen bei den wissbegierigen Kindern für manches Aha-Erlebnis.
Pa Aarona will mit dem Projekt einen Bogen schlagen in die jüngere Vergangenheit. Er reagiert damit auf eine Entwicklung in Gambia, die typisch ist für zahlreiche afrikanische Staaten: Die junge Generation nabelt sich immer früher von ihrer Familie ab, sucht die Nähe zu Gleichaltrigen und erfährt somit immer weniger über das Leben ihrer Väter und Großväter. Der Kindergartenleiter bedauert diese gesellschaftliche Entwicklung und stellt ihr sein Konzept entgegen, mit dem er diese Defizite pädagogisch aufarbeiten will
Und zurück in das „Damals“ geht es auch auf dem kleinen Platz, der dem Kreativhaus vorgelagert ist. Hier sind ebenfalls Bereiche angelegt, die den Kindergartenkindern Einblick geben in Familienstrukturen, die langsam in Vergessenheit geraten. Der Platz, auf dem die Alten in ihren Dörfern Geschichten erzählten, ist in vielen Dörfern verwaist. Hier, im „Kinderdorf Bottrop“, wurde er bewusst angelegt, um die Kindergartenkinder mit der Vergangenheit ihrer Sippe zu konfrontieren. Eltern übernehmen gerne die Rolle der Geschichtenerzähler, die im wahren Leben längst ausgestorben sind.
Für Kindergartenleiter Pa Aarona führt pädagogisch der Weg über die Vergangenheit in die Zukunft. Er wird genügend Anhänger finden, die diese Richtung mit ihm einschlagen werden.